Osmanisches Reich
Osmanisches Reich

Das osmanische Heerwesen IV

Die osmanische Armee 1877

Stationierung der sieben Armee-Korps im osmanischen Reich 1877
Kommandeur zweier Armee-Divisionen bei Vidin und Held von Plevna Osman Pascha 1877.

Eine europäische Armee entsteht

 

Die Armee wurde 1869 unter Hüseyin Avni Pascha in ein drei Stufen System umgebaut. 1. Stufe war das bestehende Heer regulärer Linieneinheiten (Nizamiye), die 2. Stufe bildetet die grosse Landwehrreserve (Redif) und die 3. Stufe stellten die Landsturmeinheiten (Müstahfiz) dar. Die Militärangehörigen waren ausschließlich Muslime, während die Christen durch eine extra Steuer nicht zum Wehrdienst herangezogen wurden. Der Dienst in den Nizamiye-Einheiten dauerte in der Regel 4 Jahre, bei der Kavallerie 5 Jahre. Dannach kam der Soldat in die erste Reserve (Ihtiyat) wo er 2 Jahre oder bei der Kavallerie und Artillerie 1 Jahr diente. Nach dieser aktiven Zeit gehörte er der Landwehrreserve (Redif), die wiederum in vier Klassen unterteilt war, 8 Jahre lang an. In dieser Zeit konnte er sich als Offizier oder Unteroffizier bewähren. Dannach wechselte er mit zirka 35 Jahre in die Landsturmeinheiten (Müstahfiz) wo er nur noch passiv bereitstand, eingezogen zu werden. Mit dem Beginn der Unruhen in der Herzegowina (1875) und den Aufständen in Serbien und Montenegro wurden schon die meisten Soldaten der Redif-Einheiten mobilisiert. Damit standen zum Beginn des Russisch-Türkischen Krieges 1877/78 zirka 400.000 Soldaten unter Waffen. Auf dem Papier waren dies ca. 150.000 Nizam (181 Bataillone, 147 Eskadronen, 103 Feldbatterien mit 618 Geschützen), 190.000 Redif (300 Bataillone) und mehr als 300.000 Müstahfiz-Einheiten sowie irreguläre Einheiten wie Basibozuks, Cerkessen und Kurden usw.


Stationierung der sieben Armee-Korps im osmanischen Reich

Kommandostrukktur der osmanischen Armee 1877

Springer, Anton: Der Russisch-türkische Krieg 1877-1878 in Europa, 7 Bd. Wien 1891-1893

 

Johnson, Lee: The Russo-Turkish War 1877 (Osprey Military 277), London 1994

 

Askeri Müze ve Kültür (Hrsg.): Osmanli Askeri Teskilat ve Kiyafetleri 1876-1908, Istanbul 1986

 

Dienstgradabzeichen Waffenrock Offiziere 1877

Infanterie

 

Die Regimenter der Infanterie bestanden aus drei Bataillonen a 800 Mann. Das Bataillon wiederum bestand aus 8 Kompanien zu je 100 Mann. Tatsächlich waren dies nur theoretische Einheitenstärken die Mangels ausgebildetem Führungspersonal so nicht existierten. Gerade der Mangel an Ordnung führt im Krieg zu willkürlichen Unterstellungen der Einheiten und somit zu Unübsichtlichkeit der Einheitenstärken. Die Führung eines Regiment lag in der Regel beim Oberst (Miralay), die Führung eines Bataillon lag beim Mayor (Binbaschi) die der Kompanie beim Hauptmann (Yüzbaschi).

 

Kavallerie

 

Die Kavallerieregimenter bestanden aus ca. 1.000 Soldaten die wiederum wurden in 6 Schwadronen bzw. Eskadrons eingeteilt. Neben den Regulären Einheiten gab es eine Vielzahl an Irregulären Einheiten z.B. Kossaken oder Kurdische Hilfskontingente. Die Einheiten die in der Regel weder gute Pferde noch ausreichend Führungspersonal hatten wurden hauptsächlich als Vorhut oder Bewachungstruppen verwendet.

Dienstgradabzeichen Waffenrock Offiziere 1877

Artillerie

 

Die Einheiten der Artillerie waren in Batterien eingeteilt die je 6 Geschütze beinhalteten mit einer Mannschaftsstärke von zirka 150 Mann. Dabei bestand ein Bataillon aus vier Feld- einer Pferde- und einer Reservebatterie. Die Pferdebatterien waren in der Regel mit 4 Pfünder und 6 Pfünder der Firma Krupp ausgestattet. Zu jeder Batterie gehörten 6 Versorgungsfahrzeuge vor allem für die Munition. Dennoch war der Grossteil der Geschütze immer noch aus Bronze und erst nach dem Krieg 1877/78 wurden die Geschütze durch deutsche und österreichische Lieferungen auf Stahlrohre umgestellt.

1878 - 1913

 

Nachdem Russisch-Türkischen Krieg 1877/78 wurde die Armee, insbesondere im Bildungsbereich, modernisiert durch die Eröffnung zahlreicher militärischer Hochschulen. Desweiteren wurde das Einberufungssystem 1879 geändert. Mit der Berufung als Reorganisator der osmanischen Armee 1896-98 (Colmar Freiherr von der Goltz) nahm die Anlehnung an das Deutsche Reich immer mehr zu. Während des Weltkrieges dienten deutsche Offiziere an wichtigen Kriegsschauplätzen als Kommandeure von Armeekorps oder Operationen auf Divisionsebene. 1909 wurde es möglich, dass christliche Untertanen Dienst in der Armee antraten insbesondere im Sanitätsbereich und bei den Arbeits- und Versorgungstruppen. Tatsächlich erfolgte eine Modernisierung der Armee erst nach der Machtübernahme der Jungtürken 1909. Dennoch konnte nicht verhindert werden. dass in den militärischen Auseinandersetzungen bis zum Weltkrieg mehr Soldaten an Krankheiten oder Hunger starben, als durch Einwirkung von Fremdfeuer.

 


Osmanischer Reservist 1878


Liman v. Sanders, Bundesarchiv, Bild 183-R02991 / CC-BY-SA

Liman von Sanders 1913


An allen türkischen militärischen Zentralstellen, einschließlich der Generalstabsschule, herrschte damals ein ungesundes Übermaß an Theorie, während die praktischen Übungen im Gelände vernachlässigt waren. Der Mangel an eigener praktischer Ausbildung und daher am praktischen Urteil machte sich bei den Generalstabsoffizieren wie den höheren Truppenoffizieren, als Folge gleichmäßig geltend. So musste überall geändert und neu aufgebaut werden.”

 

Sanders, Otto Liman von: Fünf Jahre Türkei: Berlin 1919 S. 21 ff.

 

Joseph Pomiankowski 1909


„Zurzeit Abdul Hamids II befand sich sowohl die türkische Landmacht als auch die Flotte in einem Zustand vollständiger Vernachlässigung und Desorganisation. Der Sultan, in steter Angst vor einer Revolution und vor Attentaten lebend, basierte sein ganzes Regierungssystem auf diese Befürchtungen und sah die Sicherheit seiner Person und seiner Herrschaft vor allem in möglichster Lahmlegung der Aktionsfähigkeit der Armee und Flotte....”



Pomiankowski, Joseph: Der Zusammenbruch des Ottomanischen Reiches. Erinnerungen an die Türkei aus der Zeit des Weltkrieges. Wien 1928, S.32



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