Wieder machte man sich an den Aufbau einer neuen, aber dieses Mal erfolgreicheren, Flotte. Eine neue Marineschule wurde gegründet und das Meeresbecken bei Istinye wurde als neuer Kriegshafen für die Flotte ausgebaut. Die organisatorische Leitung lag in den Händen britischer Berater. Die Briten hatten zuvor die russische Flotte erfolgreich aufgebaut. Dennoch war nicht der militärische Erfolg Ziel der Briten, sondern vor allem der Verkauf neuer und moderner Schiffstypen. So erfolgte zwar ab 1909 ein großes Flottenbauprogramm, aber die Mannschaften und Offiziere wurden nicht in der tatsächlichen Handhabung geschult. So fand die Deutsche Mittelmeerdivision (MMD), die ab August 1914 die osmanische Flotte zur Beratung übernahm, zwar einige gute und notwendige Schiffe vor, die Bedienung dergleichen ermangelte aber jeder Dauerhaftigkeit und musste bis zum Eintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg an der Seite des Deutschen Kaiserreiches und Österreich-Ungarn erst erlernt werden. Neben einigen schon vorhandenen Schiffen, die in Deutschland gebaut wurden, kamen noch während des Krieges einige wichtige Kanonenboote und Minenleger dazu. Da zwei Grossaufträge über Kampfschiffe zum Beginn des Krieges noch in Großbritannien auf Reede lagen wurde der deutsche große Kreuzer Goben (Yavuz Sultan Selim) als Flaggschiff der osmanischen Flotte überstellt, zusammen mit seinem Begleit- schiff dem kleinen Kreuzer Breslau (Midilli), die sich beide zu Beginn des Krieges nach Konstantinopel vor den Briten retten konnten.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges bat Russland seine Alliiertem um Unterstützung gegen das Osmanische Reich. Daraufhin plante man im Januar 1915 in London, in Istanbul einzulaufen, nach dem man die Dardanellen durch ein Flottenunternehmen mit Unterstützung eines Expeditionskorps überwunden haben würde. Am 19. Februar 1915 begannen die vereinigten Kampfschiffe der britisch-französischen Flotte mit der Beschießung der Verteidigungswerke an den Dardanellen. Nach zirka einem Monat intensiver Beschießung und Räumung von Seemienen entschloss sich der Oberkommandierende Sir Ian Hamilton am 18. März 1915 den Durchbruch zu wagen. Die Dardanellenverteidigung auf osmanischer Seite übernahm, nach Absprache mit dem MMD, der deutsche Admiral Guido von Usdom unterstützt durch Oberst Djevad Bey. Da schon vor dem Krieg mit einem Durchbruchversuch bei einem eventuellen Krieg gerechnet wurde, war die Verteidigung schon ziemlich ausreichend aufgebaut worden. Anfang Oktober 1914 hatte man schon mit der Verminung des Seeweges begonnen so konnte man in Ruhe die restlichen Seeminen, wie sich später herausstellen sollte vom Feind unbemerkt, bis zum Hauptangriff der alliierten Flotte auslegen.
“Sechs große englische Schlachtschiffe, darunter die Queen Elisabeth mit ihren 38 cm Geschützen, nehmen um etwa 11.30 vormittags, zunächst außerhalb der Reichweite der Forts bleibend, die Verteidigungsanlagen bei Tschanak und Kap Kephes unter Feuer. ... Kurz nach 12.00 passiert das französische Geschwader, aus vier Schlachtschiffen bestehend, die Linie der feuernden englischen Kriegsschiffe und nimmt die Werke auf nähere Entfernung unter Feuer. Auch die sechs englischen Kriegsschiffe gehen allmählich näher an ihre Ziele Heran. Ein ungeheurer Artilleriekampf hebt an; die Festungsartillerie bleibt die Antwort nicht schuldig. Die Schlacht erreicht ihren Höhepunkt. ...Gegen 02.00 nachmittags lässt der Höllenlärm nach; das Feuer aus den Werken wird schwächer, schon glaubt der Feind nahe am Ziel zu sein und die Werke niedergekämpft zu haben. Das französische Geschwader, das stark zerschossen ist, wird zurückgerufen; ein drittes, bisher zurückgehaltenes Geschwader von sechs älteren englischen Schlachtschiffen, das mittlerweile angelaufen ist, tritt an die Stelle der Franzosen und setzt das Zerstörungswerk fort. Die Schlacht steht anscheinend für den Angreifer günstig. .... Da tritt ein Rückschlag ein. Kurz vor 02.00 ertönt eine gewaltige Entladung; aller Augen richten sich auf das französische Schlachtschiff “Bouvet”, aus dem riesige Rauchwolken emporsteigen. Freund und Feind sehen, wie das mächtige Schiff sich zur Seite neigt und innerhalb zweier Minuten kentert, fast die ganze Besatzung von 600 Mann mit sich in die Tiefe ziehend. .... “Inflexible, das stärkste Schiff nächst der “Queen Elisabeth, meldet kurz nach 04.00 nachmittags einen Minentreffer. Das Schiff bekommt Schlagseite, doch gelingt es ihm, mit eigener Kraft aus der Feuerlinie zu kommen und sichere Gewässer zu erreichen. Wenige Minuten später trifft eine gleiche Unglücksbotschaft von “Irresistible” ein. .... Auch während der Loslösung trifft noch ein Schiffsverlust ein; bei dem Versuch, “Irresistible” ins Schlepptau zu nehmen, läuft “Ocean” gleichfalls auf eine Mine. ... Gegen Abend treibt es steuerlos mit der Strömung und sinkt in der Nacht in der Höhe von Troja. Die übrig bleibenden neun englischen Kriegsschiffe verlassen in schneller Fahrt das ihnen so verhängnisvoll gewordene Schlachtfeld und verschwinden in westlicher Richtung. Der 18 März war somit ein großer Sieges- und Ruhmestag für die Dardanellenverteidigung. Von 18 feindlichen Schiffen schieden 6 ganz oder für längere Zeit aus; ein Drittel seiner Gefechtskraft hatte der Feind verloren.”
(Zitiert nach: Der Kampf um die Dardanellen in: Schlachten des Weltkrieges Bd. 16, Berlin 1927)
Ein Film von Wain Fimeri und Tony Wright (2005) (deut. 49:43 min)
Ein Film von Wain Fimeri und Tony Wright (2005) (deut. 49:43 min)
Auf Tauchfart vor Gallipoli Teil 1-4
Ein Film von Bob Ballard
(2011) (deut. 11:56 min)
Noch einmal gelang der osmanisch-deutschen Flotte ein maritimer Erfolg. Nach der britischen Landung im Bereich der Morto-Bucht am 25. April 1915 lagerten dort Linienschiffe, die ungehindert mit ihren Geschützen die osmanischen Linien beschossen. Am 12. Mai lief der Zerstörer MUAVENET im Schutze der beginnenden Dunkelheit in Richtung englisches Geschwader. Von drei Torpedos getroffen sank das englische Linienschiff “Goliath”. Die ebenfalls anwesende “Queen Elisabeth” wurde danach sofort aus den Dardanellen zurückgezogen. Einige Tage später, nämlich am 25. und 27. Mai, wurden die englischen Linienschiffe “Triumph” und “Majestic” von dem deutschen U-Boot 21 versenkt. Somit war der alliierte Traum vom Flottendurchbruch beendet.
Quellennachweis: Langensiepen, B./Nottelmann, D./Krüsmann, J.: Halbmond und Kaiseradler. Goeben und Breslau am Bosporus 1914-1918, Hamburg 1999
Wir möchten uns an dieser Stelle für die freundliche Benutzung des Bildmaterial durch den E.S. Mittler & Sohn Verlag, insbesondere Herrn Langensiepen ganz herzlich bedanken. Das hervorragende Buch zählt zu den grundlagen Werke der osmanischen Mariene im Ersten Weltkrieg.