Nicht nur in der Erinnerung der Völker oder den Archiven der Nationalstaaten ist die militärische und kunstgeschichtliche Vergangenheit zwischen den unterschiedlichen Kulturen in Europa dokumentiert, sondern vor allem in den zahlreichen Sammlungen europäischer Museen und in architektonischen Denkmäler in den Städten, lebten die imposante Zeugnisse einer vielfältigen und gegenseitigen Inspirierenden osmanischen Kunst und Kultur.
Gerade in Deutschland hinterließ die Jahrhunderte lange Auseinandersetzung mit dem Osmanischen Reich eine Vielzahl von hervorragenden Kunstwerke die, wenn man mit offen Augen durch unser historischen
Städten und Museen streift, die politische und kulturelle Beeinflussung unserer eigen Vergangenheit erkennen lässt. Vor allem in zweierlei Hinsicht kann in Deutschland türkische Geschichte fassbar
werden. Ersten in den hervorragenden Ausstellungen der in Deutschland vorhanden so genannten “Türkenbeuten” und zweitens in den Fassaden oder Bildern historischer Gebäude z.B. an
Denkmäler, Kirchen, Rathäusern etc. Die im folgenden Aufzählung türkischer Ausstellungstücke hat ihren Schwerpunkt in Deutschland, Europa aber auch in der Türkei selbst. Gleichzeitig sollen die
Museen Einladen ein Stück unserer Vergangenheit in der Jahrhunderten langen Auseinandersetzung mit den Osmanen zu verstehen und ebenso für die hier lebenden und eingewanderten türkische Mitbürger die
Möglichkeit geben, ihre Eigene historische Zeugnisse zu Endecken und somit ein Stück ihrer Kultur zu erfahren.
Gierlichs, J. & Hegedorn, A. (Hrsg.): Islamische Kunst in Deutschland, Mainz 2004
Ebenso finden sie anschließend eine Auswahl an Ausstellungskataloge großer türkisch-osmanischer Ausstellungen vor allem in Deutschland.
Die "Türkische Kammer"
Das Badische Landesmuseum beherbergt unter der Sammlung des “Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden” eine der größten und bedeutendsten Sammlungen osmanischer Kunst in Europa. Die Sammlungsstücke stammen in hauptsächlich von den Feldzügen des Markgrafen, auch bekannt als “Türkenlouis” ab 1683. Nahezu 400 Gegenstände aus dieser so genannten “Türkenbeute”haben sich bis heute erhalten. Neben oft unscheinbaren aber gerade deshalb besonders selten zu findenden Ausstattungsstücken des täglichen Bedarfs sind es Prunkschabracken, die pracht- vollen Sättel und goldglänzenden Reitzeuge, die seidenumwundenen Rundschilde und reich bestickten Köchergarnituren für Pfeil und Bogen, die mit Edelsteinen geschmückten Dolche, Krummsäbel und mannigfaltigen Rüststücke, kostbare Teppiche, farbenprächtige Textilien und illuminierten Handschriften, die als Meisterwerke osmanischer Kunsthandwerks unsere Bewunderung erregen.
Die Karlsruher Türkenbeute. Bearb. Petrasch, E. u.a. S. 480, München 1991
Grünes Gewölbe (Türkische Cammer)
Die Türckische Cammer (Residenzschloss) zählt zu den ältesten und weltweit bedeutendsten Sammlungen osmanischer Kunst außerhalb der Türkei. Dank ihres Geschmacks, ihrer Sammelleidenschaft und ihres Strebens nach fürstlicher Machtdarstellung trugen die sächsischen Kurfürsten vom 16. bis zum 19. Jahrhundert legendäre Schätze der so genannten Türkenmode zusammen. Diese Sammlung ist ein absolutes Muss.
Lohnenswert auch die osmanischen Prunkwaffen in der Rüstkammer im Semperbau.
VIDEO zur Eröffnung der "Türkischen Cammer" (ZDF) (5.15 min), 26.02.2010
VIDEO zur "Türkischen Cammer" (BR) 3 Teile, Bestand und Restaurierung
Die Türken kommen - Einzug ins Dresdner Schloss 1/3 sowie 2/3 und 3/3
VIDEO zu "Ein Traum kehrt zurück" Der Wiederaufbau des osmanischen Prunkzeltes in Dresden (3:44 min), 16.04.2009
Im Lichte des Halbmondes. Das Abendland und der türkische Orient. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Leipzig 1995
Schuckelt, Holger: Restauriert für die Zukunft. Osmanische Textilien aus der Rüstkammer Dresden, Dresden 2006
Schuckelt, Holger: Die Türkische Cammer, Dresden 2010
Dresdner Rüstkammer. Historisches Museum, Dresden 1992
Die Türkenbeute
Die Beute aus den Türkenkriegen des 17. und 18. Jahrhunderts bildet einen Glanzpunkt im 1. OG des Neuen Schlosses. Die wertvollen Objekte insbesondere aus der Zeit des Kurfürst Max Emanuel (1661-1726) sind einzigartige Zeugnisse ihrer Zeit und besitzen einen historisch wie kunsthandwerklich hohen Stellenwert. Neben Waffen und Rüstungsteilen ragt besonders das Zelt des türkischen Großwesirs Suleimann heraus, das in der Schlacht von Mohacs (1687) erbeutet wurde.
Osmanisch-Türkisches Kunsthandwerk. (Hrsg) Bayerisches Armeemuseum, Austellungskatalog, München 1979
Sammlung im Pergamonmuseum (Museumsinsel Berlin)
Seit seiner Gründung im Jahre 1904 galt das Islamische Museum in Berlin als bedeutendste Sammlung islamischer Kunst. Durch den Krieg und die nachfolgende Teilung Berlins wurde auch die Sammlung getrennt. Seit 2000 wurden die beiden getrennten Sammlungen wieder zusammengeführt und an ihrem ursprünglichen Standort auf der Museumsinsel zugänglich gemacht. Das Museum für Islamische Kunst zeigt in einer ständigen Ausstellung im Südflügel des Pergamonmuseums die Kunst der islamischen Völker vom 8. bis ins 19. Jahrhundert. Insgesamt liegt der Schwerpunkt auf die klassisch arabisch-islamische Zeit im Kerngebiet Syrien, Palästina, Ägypten und Irak. Trotzdem umfasst die Sammlung auch osmanische und seldschukische Ausstellungsstücke insbesondere sehr schöne Handschriften und Fermane. Im Zuge des Masterplans für die Museumsinsel wird das Islamische Museum sich verändern. Die neuen Räumlichkeiten sollen bis 2016 der Öffentlichkeit zugänglich sein.
Museum für Islamische Kunst. Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1979
Deutsches Historisches Museum (Zeughaus), Berlin
Im Berliner Zeughaus befindet sich neben anderen osmanischen Objekten ein osmanisches Armeezelt von 1683. Es zählt vermutlich zu den Beutstücken der Belagerung von Wien.
Auftrag des Museum soll die "Aufklärung und Verständigung über die gemeinsame Geschichte von Deutschen und Europäern" sein. Das Zeughaus von 1695, das älteste Gebäude Unter den Linden, wurde nach der Wiedervereinigung zum Sitz des Deutschen Historischen Museums und eröffnete 1991 seine Tore.
Die Türkenbeute (Schloß Friedrichstein)
Die Militär- und Jagdabteilung der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel auf Schloß Friedrichstein (Stadt Wildungen) umfasst eine sehenswerte “Türkenbeute” der hessischen Landesfürsten, insbesondere Landgraf Carl von Hessen-Kassel aus dem 18 Jh. Es handelt sich hauptsächlich um eine Sammlung osmanischer Schmuckwaffen, Bilder und ein Audienzzelt eines türkischen Befehlshaber.
Museumsführer Schloß Friedrichstein. Militär- und Jagdabteilung der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel.Fridingen 1982
Musemumslandschaft Hessen Kassel: Löwe und Halbmond. Ein Prunkzelt und Waffen aus dem Osmanischen Reich in Schloss Friedrichstein, Goch 2012
(Katalog zur Neupräsentation des restaurierten Prunkzeltes und der osmanischen Waffen.)
Residenzschloß Arolsen, Bad Arolsen
Fürstlich Waldeck`sche Waffensammlung
Die beindruckende Sammlung "Türkenbeute" zeigt kostbar verzierte Säbel und Messer, mit Edelsteinen besetzte Dolche, Bogen, Pfeile und Schilde, mit Silber- und Goldfäden bestickte
Köcher. Die Ausstellungsstücke brachten verschiedene wald- eckische Fürsten im 17 Jh. als Beute aus den Kriegen gegen das Osmanische Reich in ihre Residenz.
Tomendal, Kerstin: Das türkische Gesicht Wiens. Auf den Spuren der Türken in Wien. Wien 2000 (Reiseführer für alle auf der Suche nach den osmanischen Spuren in Wien)
Teply, Karl: Türkische Sagen und Legenden um die Kaiserstadt Wien, Graz 1980
Herresgeschichtliches Museum, Wien
Das Heeresgeschichtliche Museum in Wien beherbergt eine der größten und bedeutendsten Sammlungen osmanischer Kunstgegenstände in Europa. Die vor allem militärischen Schmuckwaffen reichen vom 15 Jh. der “Türkenbeute” bis zum Ersten Weltkrieg. Neben den unzähligen Waffen, findet man ebenso eine Vielzahl von Bildern und Gemälden, osmanische Dokumente, Fahnen, Roßschweife und Zelte.
Herresgeschichtliches Museum Wien: Die staatlichen Sammlungen des Herresgeschichtlichen Museums. Graz 1988
Museum der Stadt Wien, Wien
Aus der Zeit der ersten Belagerung Wiens durch die Türken im Jahr 1529 ragt vor allem die Rundansicht des Niclas Meldemann hervor – ein Holzschnitt, der das damalige Kampfgeschehen in und um Wien in einer einzigartigen Gesamtschau festhält. Die Verteidigung Wiens im Jahr 1683 fand ihren Niederschlag in vielen Bildberichten, die vom europa- weiten Interesse an diesem Ereignis zeugen; in der hervorragenden Sammlung des Wien Museums sind fast alle von ihnen vertreten. Objekte aus der so genannten „Türkenbeute“ wie etwa ein Turban mit angesteckter Tapferkeitsauszeichnung oder vier „Roßschweife“, die als Rangabzeichen hoher osmanischer Würdenträger mitgeführt wurden, ergänzen diese Quellen.
Schätze aus der Türkei (Hrsg.): Kunsthistorisches Museum Wien, Wien 1986
Kunsthistorisches Museum, Wien
Die Sammlung der Hofjagd- und Rüstkammer enthält u.A. auch osmanische Prunkwaffen des 16 und 17 Jh. und ist in der Sammlung der neuen Burg in Wien untergebracht.
Schloss Ambras, Innsbruck
Zu den Highlights der Rüstkammer gehören unter anderem seltene Turnierharnische, Prunkrüstungen für höfische Feste, Rüstungen berühmter Feldherrn und nicht zuletzt auch Ferdinands II. Türkenkammer, die einerseits die Furcht vor den Türken und andererseits die Begeisterung für den Orient im 16. Jahrhundert dokumentiert.
Kunsthistorisches Museum (Hrsg.): Schloß Ambras, 9 Auf., Verona 2007
Burg Forchtenstein, Burgenland
Die Burg Forchtenstein umfasst die größte private Sammlung osmanischer Waffen, Fahnen und Zelte zwischen dem 16 Jh. und 18 Jh. Der Überlieferung nach wurde das Zelt 1623 von Palatin Graf Nikolaus Esterhazy bei der Schlacht von Neuhäusel erbeutet. Die Burg wird durch die Burgverwaltung Dr. Paul Esterházy verwaltet.
Körner, Stefan: Burg Forchtenstein. Tresor der Fürsten Esterhazy, Wien 2009
Türkenmuseum, Perchtoldsdorf
Die Gemeinde Perchtolsdorf unterhält im Rathaus eine Dauerausstellung “Die Osmanen in Niederösterreich”. Die auf Privatinitiative entstandene Sammlung beherbergt vor allem Bildern und Gemälde sowie einige osmanische Ausstellungstücke aus der Region Niederösterreich.
Was von den Türken blieb. (Hrsg.) Museum Perchtoldsdorf. Sonderausstellung mit Katalog des Türkenmuseums “Die Osmanen in Niederösterreich”. St. Pölten 1983