Das Haus Osman
Der Gründer der osmanischen Dynastie Osman repräsentierte am Beginn seiner Herrschaft nichts Anderes als eine traditionelle Stammesführung, die durch eine militärische Ausbildung am Seldschukenhof komplettiert wurde. Mit dem Ausscheiden aus dem seldschukischen Lehenverhältnis, bedingt durch den Untergang eben dieses Reiches, gründete sich ein kleines im Glaubenskampf erfolgreiches türkisches Kleinemirat. Die historische Geschichtsschreibung legt den Beginn des unabhängigen Staates auf das Ende des 13. Jh. (1299) Dennoch kann von einem Staat erst nach der Einnahme von Bursa 1326 gesprochen werden, weil hier durch die bewusste Übernahme byzantinischer Verwaltungsvorbilder eine staatliche Bürokratie geschaffen wurde. Ebenfalls bediente sich die osmanische Führung einer islamischen Rechtfertigung ihrer
Herrschaft, durch den Aufbau einer islamischen sunnitisch geprägten Geistlichkeit. Diese sollte die vorherrschende orthodox-turkmenische Stammestradition ablösen. Ziel der neuen Herrschaft, durch die Mitglieder des Hauses Osman, war die Durchsetzung einer islamisch imperialen Idee in Form einer absolutistischen Herrschaft. Die seit Murad I (1362-1389) vorangetriebene Erschaffung neuer, dem Hof bzw. dem Sultan direkt unter- stellten Streitkräfte, nämlich die Janitscharen, stellt ein konsequenter Schritt auf diesem Weg dar. Dennoch dauerte es einige Zeit bis die vorwiegend stammesorientierte Militärorganisation verdrängt werden konnte. Die Einführung von spezialisierter Artillerie und Pionieraufgaben unter Mehrmed II (144-1481) und die Zentralisierung der Lehensvergabe am Anfang der Herrschaft Süleymans I (1520 -1566) führten zur Herausbildung einer Oberschicht, die sich durch den Erfolg des Hauses Osman legitimierte. Neben der territorialen Ausdehnung und der imperialen Bautätigkeit war der Zugang, der Besitz und die Organisation des Hadsch (Pilgergebot des Islam) in den Hedscha (zu den heiligen Stätten in Medina und Mekka) eine weitere wichtige Quelle der Legitimation des osmanischen Herrscherhauses. Gerade die Bautätigkeit und der Besitz sowie der Schutz der heiligen Stätten legitimierte das Haus Osmanen in den innenpolitischen Wirren Ende des 16. Jh. bis Anfang des 18.Jh.
Osmanli Dynasty Liste der Sultane des Osmanischen Reiches
Eine religiöse Legitimation auf den Rückgriff der Kalifentitel, der 1516 durch Selim I (1512-1520) übernommen wurde, erfolgte während den Friedensverhandlungen von 1774 (Kücük Kaynarca). Es war eine Reaktion auf die russischen Vorderrungen über die Oberhoheit der orthodoxen Gläubigen im osmanischen Staat, nämlich die religiöse Führerschaft von Muslimen in christlichen Herrschaftsgebilden durch das Haus Osman. Ebenso wurde der religiöse Titel im Kampf gegen die fundamentalistischen Glaubenskämpfer im Hedscha (Muhammed ibn Sa´ud) Ende des 18.Jh. und Anfang des 19.Jh. verwendet. Erst mit der Vernichtung der Janitscharen 1826 konnte die oligarische Herrschaft (Herrschaft von Gruppen), sowohl die Herrschaft der Provinzgouverneure als auch bestimmter Palastgruppen, gebrochen werden. In der darauf folgenden Zeit konnten die Sultane eine absolute Herrschaft bis 1908 errichten. Mit der dann beginnenden jungtürkischen Revolution ging die tatsächliche politische Führung des Sultans verloren. Dennoch war die Aufrechterhaltung der Dynastie gerade im Ersten Weltkrieg (1914-1918) aus Sicht der jungtürkischen Machthaber unerlässlich. Da durch religiöse Führerschaft der Osmanen (Kalif) andere muslimische Untertanen der Alliierten zur Rebellion bzw. Aufstandsbewegungen gebracht werden sollten. Doch die religiös- moralische Legitimation brach mit der Abschaffung des Sultanats (1922) und des Kalifats (1924) ohne größere Proteste in der islamischen Welt, zusammen. Die letzten Mitglieder der Dynastie flohen mit Hilfe der Alliierten nach Italien (San Remo), wo sie noch heute ihren Wohnsitz haben.
The Imperial House of Osman Ottoman Fammily
“Des Hauses Osman Ruhmestaten schrieb ich nieder hier: Des Glaubenskampfes Heldenstamm, des Sultansthrones Zier! Die Reihe ihrer Ahnen will ich nennen allesamt, auf dass ihr wisst, woher dies hohe Herrscherhaus entstammt.”
Kreutel, Richard F. (Hrsg): Vom Hirtenzelt zur Hohen Pforte. Denkwürdigkeiten und Zeitläufe des Hauses “Osman” von Derwisch Achmed, genannt “Asik-Pascha-Sohn. (Reihe Osmanische
Geschichtsschreiber Bd.3) Graz 1959 S.18
Der Herrschaftsmythos des Hauses Osman:
“Wie Osman Gazi also Schlief, da träumte er, aus der Brust dieses Heiligen (Scheich Edebali) steige ein Mond auf, komme zu Osman Gazi und senke sich in seine Brust. Und im Augenblick, wuchs aus seinem Nabel ein Baum empor, dessen Schatten über die ganze Welt reichte. Und in seinem Schatten lagen Berge, und am Fuße jedes Berges entsprangen Flüsse, und die Menschen tranken von diesen Flüssen oder bewässerten Gärten oder speisten damit Brunnen.”
Kreutel, Richard F. (Hrsg): Vom Hirtenzelt zur Hohen Pforte. Denkwürdigkeiten und Zeitläufte des Hauses “Osman” von Derwisch Achmed, genannt “Asik-Pascha- Sohn. (Reihe
Osmanische Geschichtschreiber Bd.3) Graz 1959 S.25
“Der Despot Lazar sandte einen seiner Mannen, dessen hervorragende Tapferkeit er kannte, mit dem Auftrag aus, Sultan Murad zu ermorden, ... . Als er hinkam und der Sultan ihn erblickte... um zum Sultan zu sprechen und ihm die Hand küssen. Sowie er aber vor ihm stand, zückte er seinen Dolch, den er verborgen gehalten hatte, und stach Sultan Murad tot, ... . Seit damals haben die Türken das Gesetz, daß die (Wachen) jeden Gesandten, wenn er zum Handkuss vorgelassen wird, an beiden Händen festhalten.”
Kreutel, Richard F. (Hrsg): Leben und Taten der Türkischen Kaiser. Die anonyme vulgärgriechische Chronik Codex Barberinianus Graecus 111. (Reihe Osmanische
Geschichtsschreiber Bd.6) Graz, 1971 S. 28 ff.
Das Ende vor Ankara 1402
“Als Yildirim Chan in unserer Mitte stand kamen welche und sagten: Was stehst du noch? Dein Heer hat dich verraten und ist geflohen. Als er dies hörte, wurde er zornig, ergriff seine Streitkeule, ritt aus der Reihe und wollte dem Heere nacheilen.... Als er aus der Schlachtreihe ritt, war tatsächlich niemand von dem Heere geblieben. Nach einiger Zeit sahen wir, dass man ihn gefangen genommen und ihn uns gegenüber geführt hatte. Da gaben wir notgedrungen nach."
Giese, Friedrich (Hrsg.): Die altosmanischen anonymen Chroniken. Leipzig 1925 S. 55
Ein Freund der Byzantiner
“Im Juli 1413 schlug Mehmed von Konstantinopel als Operationsbasis aus Musa in einer Schlacht bei Sofia. Durch die Ausschaltung seines Bruders wurde Mehmed so Sultan des wieder geeinten Osmanenreiches. Die Byzantiner hatten ihm den Weg geebnet, er danke es ihnen ehrlich. ... und solange Mehmed Sultan war wurden sie (die Griechen) geachtet.”
Franz G. Maier (Hrsg.): Byzanz. (Fischer Weltgeschichte Bd. 13) Frankfurt 1973 S. 398
“Er (Murad) sprach zu Halil Pascha (Großwesir): Jetzt setze ich meinen Sohn auf den Thron. Ich habe ja schon genug Feldzüge im Kampf für den Glauben unternommen; jetzt will ich sehen, was für einen Großherrn mein Sohn noch zu meinen Lebzeiten abgibt ...(nach dem aber die Feinde dies ausnutzten!) Nach dem Murad Han Gazi die Giauren geschlagen hatte, begab er sich nach Edirne und bestieg wieder den Thron. Seinen Sohn schickte er nach Manisa, und er selbst blieb wieder in Edirne."
Kreutel, Richard F. (Hrsg): Vom Hirtenzelt zur Hohen Pforte. Denkwürdigkeiten und Zeitläufe des Hauses “Osman” von Derwisch Achmed, genannt “Asik-Pascha-Sohn. (Reihe Osmanische
Geschichtsschreiber Bd.3) Graz 1959 S. 183 ff.