Die veränderung der Literatur in der Tanzimatzeit
Im Zuge politisch-kultureller Reformen im 19. Jahrhundert wurden europäische Literatureinflüsse dominierend. In der »Tansimat«-Zeit (der 1839 durch einen Erlass des Sultans eingeleiteten Epoche politischer Reformen) kam es zur entscheidenden Zäsur, indem eine von französischen Vorbildern geprägte Erzählliteratur entstand, die die beginnende geistige Umorientierung der osmanischen Oberschicht förderte. Literaten, die durch eigene Prosawerke, Übersetzungen und Adaptionen hierzu beitrugen, waren u. a. Ahmed Midhat, Siya Pascha (* 1825, ✝ 1880), Ahmed Wefik Pascha, Redjaisade Mahmud Ekrem (* 1847, ✝ 1914), Muallim Nadji (* 1850, ✝ 1893). I. Schinasi wirkte u. a. auch für eine Publizistik und Bühnendichtung im europäischen Sinne. M. Namik Kemal war der erste bedeutende Vertreter einer patriotischen Dichtung. Als der größte Poet der »Tansimat«-Zeit gilt A. H. Tarhan. Zur Durchsetzung westlicher Tendenzen trugen v. a. die um die Zeitschrift »Servet-i fünûn« (»Der Schatz des Wissens«) gruppierten Autoren der »Neuen Literatur« bei, u. a. Tevfi̇k Fi̇kret, Hali̇d Zi̇ya Uşakligi̇l (* 1866, ✝ 1945), Mehmed Rauf (* 1875, ✝ 1931), am Rande auch M. E. Yurdakul und der Naturalist Hüsei̇i̇n Rahmi̇ Gürpinar (* 1864, ✝ 1944). Eine wichtige Rolle spielte auch die europäisch orientierte Gruppe »Fecr-i âtî« (»Morgenröte der Zukunft«). Verbindung von Elementen des französischen Symbolismus mit traditionellen orientalischen Formen kennzeichnet die Werke der Lyriker Ahmed Haşi̇m und Y. K. Beyatli. Nach 1908 dominierten die vom »Türkismus« des Zi̇ya Gökalp beeinflussten, national und sprachpuristisch orientierten Autoren, zuerst die der Gruppe »Genç kalemler« (»Junge Federn«), v. a. Ömer Seyfetti̇n. »Syllabisten« wie Faruk Nazi̇f Çamlibel (* 1898, ✝ 1973) lehnten die quantitierende arabisch-persische Metrik zugunsten der traditionell-türkischen silbenzählenden Versmaße ab. Einer der bedeutendsten Erzähler der beginnenden »nationalen Literatur« war R. H. Karay.