Zentraler Punkt und Wirtschaftszentrum einer osmanischen Stadt war der Basar. Basar ist ein persischer Begriff (arab.) suq und (türk.) ari, und bezeichnet Zentral gelegene, meist über- dachte und zum Teil mit Toren abschließbare Ladenstrassen. Im Osmanischen Reich wurde der Begriff für alle Arten von Märkten benutzt egal ob für eine Handelsstrasse, für einen ganzen Komplex oder als Wohnortmarkt in den einzelnen Wohnvierteln einer größeren Stadt. Basar ist eine schon in frühorientalischen Gesellschaften vorgefundene Bezeichnung einer Verkaufsstrasse. Die klassische Bezeichnung entstand im Mittelalter und bezog sich auf die unterschiedlichsten Markformen in islamischen Städten. Somit ist der klassische Begriff eines Marktes für sämtliche Konzentration von meist gleichartiger Läden, Werkstätten und Verkaufsständen auch für den osmanischen Basar gültig. Wenn manche Sonderbereiche des Basar z.B. Bedestan auch Vergleiche zu mittelalterlichen Kaufhäuser in Europa standhalten so ist doch der Basar als absperrbarer Bereich durch seine strenge Trennung von Wohnen und Wirtschaften eine eigene kulturelle Leistung der islamischen Welt.
Die Organisation des Basars war überwiegend privat- wirtschaftlich orientiert. Die Betreiber sind private Händler oder Mitglieder von Stiftungen oder Vertreter des Herrscherhauses. Der Basar dient als Einkaufs- und Gewerbezentrum und ist ein politisch wie religiös bedeutsamer Standort für die Finanzierung von Investitionen über Kreditvergabe als auch als wirtschaftliches Organisationszentrum eine soggenannten “Rentenkapitalismus”.
1. Wirtschaftszentrum: Nicht nur der lokale Handel zur Versorgung der Stadtbewohner wurde im Bazar abgewickelt, sondern auch der Großhandel fand dort seinen Platz. Wir treffen hier
somit lokale Einwohner als auch durchziehende Händler und klein Handwerker sowie Handelsplätze von Minderheiten die bestimmte Berufe ausübten. Die Profiteure waren vor allem die Vermieter der Basar
Geschäfte. Dies waren entweder staatliche Verwalter, Verwalter von Stiftungen und private Händler insbesondere aus Angehörigen von religiösen Minderheiten.
2. Kapitalmarkt: Da es im osmanischen Reich lange Zeit keine Banken gab, wurde die Finanzierung d.h. Kreditvergabe entweder über religiöse Minderheiten direkt abgewickelt oder über
die Vergabe von Waren- und Leistungskredite durch die Händler und Handwerker durchgeführt. Gerade diese Kredite Kennzeichen die nach bestimmten Gewerbe aufgeteilten Basarflächen. Nicht der direkte
Preis regelte den Umsatz des Händlers, da meist die Preise in einem engen Rahmen festgeschrieben wurden, sondern die Umfang des persönlichen Netzwerkes des einzelnen Händlers und damit seine
Kreditvergabe an seine Käuferschaft.
3. Stiftungen: Der Grossteil aller Gebäude von Barsarkomplexe sowie allgemein von Bazarläden und sonstigen Sonderbereiche wie Bedestan und Han wurde durch Stiftungen gebaut. Die Erträge aus dem Handel dienten den Stiftungen als Unterhalt für z.B. Moscheen, Schulen, Krankenhäuser, Brücken etc. oder als Renteneinkommen der Stifterfamilie. Die Art der Einkommenssicherung öffentlicher aber auch in geringem Masse privater Einrichtungen durch religiöse Staatsbeamte oder Familienmitglieder, war bis zum Ende des osmanischen Reiches eine wichtige privatrechtliche Institution und wurde in der heutigen Türkei durch eine staatlicher Verwaltung zum Grossteil abgelöst.
4. Integration und Religion: Der Bazar war für Städte, die aus zahlreichen eigenständigen Stadtviertel bestanden ein wichtiger Integrationsfaktor, weil er nicht nur die
Stadtviertelverband, sondern auch als Informationsbörse zwischen den Stadtteilen immanent wichtig war. Gleichzeitig lagen die typisch islamischen Bauten (Moschee, Medresse) einer Stadt im Zentrum der
Märkte oder wurden durch sie erst ermöglicht, da sie ja in Form ihres Stiftungscharakter die baulicher Vorraussetzung eben für den Bazar bildeten.
5. Zünfte: Als byzantinisch-seldschukisches Erbe treffen wir in den osmanischen Städten, in Gilden (esnaf) sich organisierenden Berufsgruppen, so genannte Zünfte, an. Hervorgerufen
durch die festgeschriebenen Berufsgruppen und ihrer sozialen Rangordnung bildeten sich eine Vielzahl von handwerklichen, aber auch nichthandwerklichen Kooperationen die versuchten, staatliche
Besteuerung, Qualität oder Preisvorgaben gemeinschaftlich zu erfüllen. Die führte zwar zu einer hohen Qualität der Ware, z.B. in der osmanischen Kunst der Buchmalerei, Textilherstellung oder Keramik,
führte aber, ähnlich wie in Europa zum Zusammenbruch ganzer Bereiche bei Einbruch billiger Importwaren.
Das Wirtschaftssystem im Osmanischen Reich wird oft als “Rentenkapitalismus” bezeichnet. Die Oberchicht des Osmanischen Reiches “osmanli” bezeichnen sich als Männer der militärischen seyfiye oder der theologisch-juristischen ilmiye Laufbahn. Diese Charakterisierung osmanischer Laufbahnen setzt somit wirtschaftliche Tätigkeiten zwar als wichtig für das Auskommen der Staatsdiener voraus, aber nur insofern, dass die mit der Verwaltung des Staates beauftragten Beamten über ein standesgemäßes Auskommen verfügen können. Die Existenz staatlicher Wirtschaftspolitik oder die Kariere als Unternehmer, scheidet somit als erstrebenswertes Handeln, bis in die Endphase des Osmanischen Reiches aus.
Die osmanische Oberschicht zeigt somit wenig Interesse an der Gütererzeugniss, sondern überlies diesen Bereich den bäuerlichen und handwerklichen Betrieben. Die Ertragsabschöffung dieser Wirtschaftsform nennt man auch Renten. Und genau diese Ansprüche auf Renten waren im osmanischen Reich nicht an erbliche Rechte wie in Europa gebunden, sondern frei handelbar durch Erwerb staatlicher Positionen durch herausragende Fähigkeiten oder später durch Kauf dieser Positionen.
Stiftungskomplex
Die Stiftungsanlage von Sokullo Mehmet Pascha 1569 (Sinan Pascha) (Sokullu Hayetinde ari) ist ein schönes Beispiel zwischen Moschee, Bazar und Han als Unterhalt einer Stiftung in Lüleburgaz/Türkei. Die Anlage umfasst eine Moschee, Haman, Medresse und eine Hananlage sowie eine zirka 175 m lange Ladenstrasse.
Ladenstrasse in Lüleburgaz 18.Jh.
Beim gedeckten Basar in Istanbul handelt es sich um eines der größten Basaranlagen der islamischen Welt die in ununterbrochener Tradition als Marktanlage genutzt wird. Der Basar ist gleich eines eigen Stadtviertel mit 2 großen Moscheen (Nuri Osmaniye Camii und Beyazit Camii), Badeanlagen, Brunnenanlagen zwei Bedestan (Eski Bedestan und Sandal Bedestan) sowie zirka 16 Hananlagen und 18 Außentore. Die Grundfläche der Anlage Beträgt zirka 32.000 qm, enthält 61 Strassen mit insgesamt um die 3.000 Läden.
Mehmed II gab um 1455 den Befehl auf den Resten byzantinischer Marktanlagen den Eski Bedestan (od. Cevahir
Bedestan) zu bauen. Die Grundfläche beträgt zirka 3.400 qm und wird von 15 Kuppeln überdacht. Es ist der größte Bedestan im Osmanischen Reich und kann durch die vier Außentore geschlossen
werden. Um diesen inneren Kern bildeten sich aus Holz erbaute Buden und Ladenstrasse die mehrmals durch Brände (vor allem 1645 und 1701) vernichtet wurden. Des Weiteren finden wir den Sandal
Bedestan (von Seidensatin) auch er wurde von Mehmed II erbaut und durch Sultan Süleyman um 1520 erweitert. Seine Grundfläche beträgt zirka 1.600 qm. Beide Anlagen sind Teil der Stiftungseinkünfte für
die Aya Sofya (Hagia Sophia).
Die heutige Form des Basars stammt von 1896, nach dem ein Erdbeben den Basar 10.07.1894 zum großen Teil zerstörte.
Bericht aus dem 18.Jh.
“Die Basare sind alle vortrefflichen Gebäude, voll schöner Gänge, wovon die meisten auf Pfeilern ruhen. Sie werden sehr reinlich gehalten. Jedes Gewerbe hat seinen besonderen Gang, wo die Waren in der gleichen Ordnung wie in New Exange in London ausgelegt sind. Der Bedistan oder der Juweliergang zeigt so viele Reichtümer, eine solche Menge Diamanten und Edelsteine aller Art, dass sie das Auge blenden.”
Montagu, Lady Mary: Briefe aus dem Orient 1784. Frankfurt 1982 S. 192
Neben dem großen Basar gibt es noch die Handelsanlage des Misir oder ägyptischen Basar. Die Anlage geht auf Ursprünge des 15 .Jh. zurück und wurde in der heutigen Form 1660 durch die Sultansmutter (Valide Turhan) gestiftet. Die Grundfläche beträgt 5.700 qm und ist als L-Form angelegt. Der Name stammt aus der Nähe vom Hafen wo Schiffe Waren bis aus Ägypten auf den Markt brachten. Heute beherbergt der Markt vor allem Lebensmittel und Gewürze.